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Gedanken zum "Hohen Lied der Liebe" nach dem 1. Korintherbrief, Kapitel 13
Morganandachten in der Woche vom 14. -19. März 2005 im Nordwestradio

Montag, 14. März 2005

Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.
Und wenn ich prophetisch reden könnte und wüsste alle Geheimnisse und alle Erkenntnis und hätte allen Glauben, sodass ich Berge versetzen könnte, und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts.
Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib brennen und hätte der Liebe nicht, so wäre mir's nichts nütze.
So beginnt das Hohe Lied der Liebe aus dem 13. Kapitel des 1. Korintherbriefes.

Und hätte der Liebe nicht ...
Nur ein bisschen von der Liebe - das reicht schon, um das Leben zum Strahlen zu bringen. Das ist wie mit dem Salz in der Suppe:
nur eine Prise, und alle Bestandteile der Suppe kriegen einen köstlichen Geschmack! Liebe ist das Salz in der Suppe des Lebens.
Worte allein tun es nicht.
Der gehauchte Liebesschwur ebenso wenig wie der fest versprochene Treueeid. Selbst die frömmste Rede ist leeres Gewäsch, wenn sie nichts von der Liebe hat.
Und Paulus setzt noch was drauf:
Angenommen, ein Mensch würde in höchster religiöser Ekstase so reden wie ein Engel, - wenn diesem Zungenschlag die Liebe fehlt, kannst du's vergessen wie das Gebimmel einer scheppernden Kuhschelle.
Oder: angenommen, ein Wissenschaftler erkennt die letzten Geheimnisse menschlichen Lebens, - ohne Liebe zum Menschlichen verkommt dieses Wissen zum Machtinstrument für Despoten.
Und noch ein Drittes: Angenommen, ein Mensch gibt sich in den Märtyrertod und sprengt sich selbst in die Luft - ohne Liebe zum Frieden unter den Menschen wird dieses Opfer zur sinnlosen Selbstdarstellung.
Erst die Liebe bringt jede Lebensäußerung zum Strahlen.
In seinem "Hohen Lied der Liebe" ordnet Paulus der Liebe diesen besonderen Stellenwert zu. Liebe ist wie ein positives Vorzeichen, das jedem Handeln, jeder Idee, jeder Fähigkeit oder Begabung erst einen Wert gibt.
Wenn es an der Liebe fehlt, ist es wertlos, was du sagst oder was du glaubst oder wofür du dich einsetzt oder gar opferst.
Und hätte der Liebe nicht ... Ja, zu recht spricht Paulus in der ersten Strophe des "Hohen Liedes der Liebe" von der alles belebenden Strahlkraft der Liebe.

 

Dienstag, 15. März 2005

Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu.
Das schreibt Paulus über die Liebe im 1. Korintherbrief.

Die Liebe ist langmütig und freundlich.
Eine besondere Stärke der Liebe besteht darin, dass sie lange Mut hat, freundlich zu bleiben. Bin ich mit einem Menschen befreundet, dann erfahre ich diese Stärke der Liebe. Es dauert ja lange, bis ich zu einem Menschen sage: Du bist mein Freund!
Und hab ich es einmal ausgesprochen, nehme ich es auch nicht so bald wieder zurück. Meine freundschaftliche Liebe zu einem Menschen setzt von Mal zu Mal immer wieder gute Kräfte frei.
Ich stimme Paulus darin zu:
Rechthaberisches Ereifern, mutwilliges Kränken oder überhebliche Selbstgefälligkeit - diese Verhaltensweisen gehören einfach nicht in eine liebevolle Freundschaft. Und auch nicht in eine freundschaftliche Liebe.
Gerade die tiefe sexuell-erotische Liebe zwischen zwei Menschen lebt davon, dass beide einen langen Mut haben, sich mit dem eigentlichen Wesen des andern zu befreunden. In diesem Lebensraum der Liebe gedeiht auch die Fähigkeit, Bitteres und Böses nicht selbstgerecht zu verrechnen. Denn "Abrechnen" wirkt tödlich auf eine saft- und kraftvolle Liebe.
Die Liebe ist langmütig und freundlich.
Weil das so in der Bibel steht, denke ich deshalb nicht nur an die christliche Nächstenliebe. Liebe als Leben spendende Kraft gilt meinem Nächsten wie auch meiner Frau.
Und die Liebe zum Mitmenschen, der mich braucht, bedarf desselben langen Mutes, freundlich zu sein, wie die erotische Liebe zu meiner Frau, der ich verbunden bin.
Jede Liebe, die zum Fremden wie zur Vertrauten, braucht die andauernde Basis, den Wert und die Würde des anderen unter allen Umständen zu wahren.
Zum Lieben gehört ein langer Mut, zumal es Störmanöver genug gibt:
Mutwillig oder selbstverliebt, böswillig aus Verbitterung oder ungehörig aus einem aufblähten Ich heraus wird an der Kraft zu lieben genagt. Da sinkt dann der Mut, ausdauernd menschenfreundlich zu sein.
Das Besondere der Liebe aber bleibt: Sie ist langmütig und freundlich .

 

Mittwoch, 16. März 2005

Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.

In dieser dritten Strophe des Hohen Liedes über die Liebe des Apostels Paulus aus dem 1. Korintherbrief kommt eine tiefe Weisheit zur Sprache:
Liebe und Wahrheit gehören unzertrennlich zusammen.
Die Liebe freut sich daran, dass Menschen wahrhaftig zueinander sind.
Das leuchtet ein.
Nun müsste es aber doch heißen: Die Liebe freut sich nicht an der Unwahrhaftigkeit . Also liebende Menschen können und sollten sich doch nicht belügen!
Das stimmt.
Doch Paulus schreibt: Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit . Und darin verbirgt sich ein tiefer Sinn.
Denn: Die Liebe zur Wahrheit bewahrt nicht automatisch davor, ungerecht zu werden. Und umgekehrt: Um einem Menschen gerecht zu werden, mache ich - möglicherweise - Abstriche an meiner Wahrhaftigkeit. Um der Liebe willen - denke ich dann!
Manchmal meine ich, dem Menschen, den ich liebe, besser gerecht zu werden, wenn ich ihm nicht die volle Wahrheit sage. Mir scheint das irgendwie barmherziger, eben liebevoller. Aber werde ich dem andern dann wirklich gerecht? Der ungetrübten Lebensfreude dient das gewiss nicht. Es wird ein Grad kühler zwischen uns und distanzierter. Dieses "ungerecht werden aus vermeintlicher Liebe" ist letztlich kalt berechnend.
Wahre Liebe jedoch braucht Wärme. Und Wahrheit macht warm. Wenn ich die Wahrheit dem andern offen sagen will, pocht das Herz, als ob es zum Hals herausspringen möchte. Oder die Schamröte lässt meine Backen glühen.
Und das alles wird dem Leben gerecht, dem wahren Leben, meine ich. Und es steigert meine Lebensfreude.
Gott macht sich stark für dieses wahre Leben. Mit seiner Liebe stellt er sich gegen alles, was dem Leben nicht gerecht wird. Es ist eine starke Liebe. Für die Wahrheit - gegen jede Ungerechtigkeit. Eine Liebe bis in den Tod am Kreuz. So stark ist meine Liebe nicht.
Ich bin darauf angewiesen, dass meine Liebesfähigkeit gestärkt wird. Und das tut Gott durch Jesus. Durch ihn wird mir begreiflich, wie das zu verstehen ist: Alles ertragen und dulden und alles glauben und hoffen.

 

Donnerstag, 17. März 2005

Paulus schreibt über die Liebe in seinem 1. Brief an die Gemeinde in Korinth im 13. Kapitel:

Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.

Die Liebe ist kein Stückwerk. Die Liebe trägt in sich den Glanz des Vollkommenen.
So jedenfalls wünschen wir uns die Liebe, dass sie nicht aufhört! Denn wenn sie nicht aufhört, dann ist sie doch vollkommen.
Ein frommer Wunsch.
Das Leben lehrt mich, dass alles irgendwie Stückwerk bleibt. Das heißt, dass alles irgendwann einmal anfängt und dann auch wieder aufhört. Und zwischendrin ist es auch nicht alles vollkommen. Egal, worum es geht, ob um Wissen oder Glauben, um technische Erkenntnisse oder religiöse Visionen.
Und auch die Liebe ist davon nicht ausgenommen.
Ich teile, glaube ich, mit vielen Menschen die bittere und schmerzliche Erfahrung, dass auch eine heiße Liebe über kurz oder lang verlöschen oder ausbrennen kann wie eine Kerze.
Je älter ein Mensch ist, umso mehr kann er davon berichten, wie seine starken Gefühle für einen Menschen sich unversehens oder ganz langsam abschwächten. Oder wie seine ungebrochene Motivation für ein politisches oder soziales Ziel abknickte, ja, irgendwie zerbröselte und verschwand.
Die Liebe hört niemals auf , schreibt Paulus in der vierten Strophe seines "Hohen Liedes von der Liebe".
Paulus meint die Liebe Gottes.
Die Liebe Gottes ist kein Stückwerk. Die Liebe Gottes trägt in sich den Glanz des Vollkommenen.
Ich bin nicht immer offen für diese Liebe Gottes.
Dann wieder wird mir die Liebe Gottes zu schwer. Denn sie ist wie jede große, vollkommene Liebe fordernd, will mich ganz. Und ich möchte meine kleinen Freiräume. Mir etwas zurechtbasteln für mein Leben ohne ihn. Es ist wie in der menschlichen Liebe mit der Versuchung des Seitenblicks auf eine andere Frau.
Gottes Liebe ist kein Stückwerk, meine Liebe schon. Dieser Unterschied ärgert mich, dann lässt er mich resignieren, dann wieder reizt er mich, vollkommener zu lieben.

 

Freitag, 18. März 2005

Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war.
Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
So äußert sich Paulus in seinem 1. Brief an die Korinther im 13. Kapitel.

Leben ist ein Wachsen auf ein Ziel hin, nämlich: Erkenntnis gewinnen.
Wachsen vom Kind zum Mann oder zur Frau - das meint neben dem körperlichen Wachstum vor allem auch ein Mehr an Kenntnis von den Dingen dieser Welt.
Kennenlernen müssen wir von klein auf an sehr viel. Außer dass wir spontan atmen, saugen und ausscheiden, kann ein Mensch nichts, wenn er auf die Welt kommt. Alles andere will entfaltet, erkannt und gelernt sein. Und dann kommt das Sortieren dazu. Denn alles, was wir lernen, können wir nicht behalten. Wir tun auch immer wieder etwas von uns ab.

Paulus meint: Alle menschliche Erkenntnis zeigt uns nicht mehr als ein Blick in einen trüben Metallspiegel (Glasspiegel gab's zu seiner Zeit noch nicht). Ein Blick in die Wirklichkeit unseres Lebens weckt - auch bei mir - erhebliche Zweifel an einem ungetrübten Fortschreiten der menschlichen Erkenntnis.

Es gibt allerdings eine Art des Erkennens, von der jeder Mensch zutiefst berührt ist: Wenn ich erkenne, dass ich geliebt werde. Und auch: dass ich liebe.
Ich möchte auf diese ungetrübten Augenblicke nicht verzichten, wo ich erkenne, was Liebe ist.
Und Adam erkannte sein Weib Eva , heißt es in der Paradiesgeschichte.
Da geht es auch um dieses Erkennen, dass ein Mensch für mich da ist, nackt und unverstellt, offen und vorbehaltlos, mit zartfühlender Liebe darum besorgt, dass es mir gut geht.
Und diese Augenblicke der Liebe lassen mich stückweise erkennen, welchen großartigen Wert mein Leben hat.
Wenn ich mir dann vorstelle, dass Gott mich so liebt, dann krempelt das meine ganze bisherige Erkenntnis um. Wer verliebt ist, sieht die Welt durch eine rosarote Brille. Gott sieht mich so, wie ich sein könnte. Und er gibt die Hoffnung nicht auf, dass ich erkenne, wie schön es wäre, wenn ich mich von ihm zum Lieben verführen ließe.
Stückweise erkenne ich es manchmal. Und dann bin ich ganz erfüllt davon, Liebe zu leben.

 

Sonnabend, 19. März 2005

Das Hohe Lied der Liebe beendet Paulus mit dem berühmten Satz:

Nun aber bleiben - Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.

Glaube, Hoffnung, Liebe - diese drei braucht der Mensch.
Die Umkehrung macht es deutlich: Wo kein Glaube, keine Hoffnung, keine Liebe mehr unter den Menschen ist, da wird das Leben trostlos.
Glaube tröstet mich, Hoffnung macht mir Mut, Liebe lässt mich strahlen. Verzichten möchte ich auf keines:
Mein Glaube an Gott tröstet mich, wenn ich mir von der Zukunft nichts mehr erhoffe. Er stärkt meine Kraft, das Leben zu lieben, auch wo es sinnlos erscheint.
Meine Hoffnung auf Gott ermutigt mich, wenn mir das Glauben abhanden kommt. Und sie verleiht meinem Lieben den Glanz eines Geschenks.
Meine Liebe strahlt meinen Glauben an Gott im praktischen Leben aus. Und sie hilft mir, nicht zu verzweifeln, wenn alle die Hoffnung aufgeben.

Dass Glaube, Hoffnung, Liebe - diese drei - bleiben , ist Voraussetzung für ein menschenwürdiges Leben. Der Blick in den Spiegel, der mir vorgehalten wird, zeigt mir jedoch, dass diese drei nicht immer klar in meinem Leben zu erkennen sind.
Auch nicht bei andern Christen oder der Kirche. Das schmerzt. Wert und Bedeutung dieser Drei für ein Leben, wie Gott es sich vorstellt, die bleiben davon jedoch unberührt.

Aber die Liebe ist die größte unter ihne n. In der Schlussstrophe des "Hohen Liedes der Liebe" hebt Paulus die Liebe noch einmal besonders hervor.
Die Liebe ist die größte unter ihnen, weil sie dem Wesen des Ewigen entspricht.
Glauben und Hoffen sind gute Eigenschaften des Menschen. Sie mögen bitte jedem erhalten bleiben.
Die Liebe jedoch hebt uns in den siebten Himmel. Da berühren wir das Größte, was uns widerfahren kann.
Die Liebe ist ein Geschenk des Himmels, sie ist das größte Geschenk unseres Gottes.

 

 
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